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Krankenhäuser scheitern mit Verfassungsklage gegen Behandlungsverbot für Risikofälle bei Frühgeborenen & Neugeborenen

07.12.2016. Das Bundesverfassungsgericht hat eine Verfassungsbeschwerde von Krankenhausbetreibern nicht zur Entscheidung angenommen. Die Krankenhäuser hatten dagegen geklagt, dass sie Risikofälle bei Früh- und Neugeborenen nicht behandeln dürfen, wenn im jeweilige Krankenhaus weniger als 14 solcher Fälle pro Jahr behandelt werden. Behandeln die Krankenhäuser die betroffenen Früh- und Neugeborenen dennoch, so haben sie keinen Anspruch auf Erstattung ihrer Kosten. Die Beschwerdeführer hätten in ihrer Klage nicht hinreichend dargelegt, dass sie zu einer Beschwerde befugt seien, urteilte das Bundesverfassungsgericht. Mit dem Inhalt der beklagten Regelung hat sich das Gericht deshalb gar nicht erst befasst.

Mit heute veröffentlichtem Beschluss hat die 1. Kammer des Ersten Senats des Bundesverfassungsgerichtes eine Verfassungsbeschwerde nicht zur Entscheidung angenommen, die sich gegen die Einführung einer Mindestmenge von Versorgungsfällen bei der Krankenhausbehandlung von Früh- und Neugeborenen mit höchstem Risiko als Mittel der Qualitätssicherung wendet. Die klagenden Betreiber von Krankenhäusern, die eine Verbesserung der Versorgungsqualität durch die Neuregelung in Frage stellen, haben nicht hinreichend konkret dargetan, dass sie beschwerdebefugt sind.

Sachverhalt:

Die Beschwerdeführer sind Betreiber von Krankenhäusern mit sogenannten Level-1-Perinatalzentren, die teils in kirchlicher, teils in kommunaler Trägerschaft stehen. Allein Krankenhäuser mit Perinatalzentren des Level 1 sind nach einem vom Gemeinsamen Bundesausschuss vorgesehenen Konzept für die Krankenhausbehandlung von Früh- und Neugeborenen mit höchstem Risiko zuständig (insbesondere für Frühgeborene mit einem geschätzten Geburtsgewicht von unter 1250 Gramm oder einem Alter von weniger als der 29. Schwangerschaftswoche). Zur Qualitätssicherung bei der Krankenhausbehandlung kann der Gemeinsame Bundesausschuss im Beschlusswege für zugelassene Krankenhäuser unmittelbar verbindliche Regelungen erlassen. Im Jahr 2010 legte der Gemeinsame Bundesausschuss für Level-1-Zentren eine verbindliche Mindestmenge von 14 Level-1-Geburten pro Jahr fest. Wird die festgelegte Mindestmenge voraussichtlich nicht erreicht, dürfen die Krankenhäuser entsprechende Leistungen nicht bewirken. Tun sie es dennoch, steht ihnen kein Vergütungsanspruch zu.

Mit ihrer Verfassungsbeschwerde rügen sie insbesondere die Verletzung der Berufsfreiheit (Art. 12 Abs. 1 GG) sowie des Rechts auf den gesetzlichen Richter (Art. 101 Abs. 1 Satz 2 GG).

Das Bundesverfassungsgericht gab in einer Pressemitteilung die wesentlichen Erwägungen der Kammer bekannt: 

"Die Verfassungsbeschwerde ist unzulässig.

1. Die Beschwerdeführer haben, soweit es nicht um den behaupteten Verstoß gegen das Recht auf den gesetzlichen Richter geht, nicht hinreichend konkret dargetan, dass sie beschwerdebefugt sind.

a) Für die Beschwerdeführer in kommunaler Trägerschaft ergibt sich die fehlende Beschwerdebefugnis bereits daraus, dass sie sich überwiegend in öffentlicher Hand befinden und daher nicht grundrechtsfähig sind. Vor allem aber ist nicht hinreichend dargetan, dass die Beschwerdeführer durch die Festsetzung der Mindestmenge von jährlich 14 Level-1-Geburten gegenwärtig in ihren materiellen Grundrechten verletzt sein könnten. Zur Zulässigkeit der Verfassungsbeschwerde gehört, dass die Beschwerdeführer ihre gegenwärtige und unmittelbare Betroffenheit in eigenen Grundrechten oder grundrechtsgleichen Rechten ausreichend darlegen. Gegenwärtig ist die Betroffenheit, wenn die angegriffene Vorschrift auf die Rechtsstellung der Beschwerdeführer aktuell und nicht nur virtuell einwirkt, wenn die Norm ihre Adressaten mit Blick auf ihre künftig eintretenden Wirkungen zu später nicht mehr korrigierbaren Entscheidungen zwingt oder wenn klar abzusehen ist, dass und wie die Beschwerdeführer in der Zukunft von der Regelung betroffen sein werden. Allein die vage Aussicht, dass einer der Beschwerdeführer irgendwann einmal in Zukunft von der Norm und ihren Auswirkungen betroffen sein könnte, genügt hingegen nicht.

b) Diesen Maßstäben wird die Begründung der Verfassungsbeschwerde nicht gerecht. Nachdem die Beschwerdeführer nicht geltend gemacht haben, dass sie durch die Mindestmengenfestsetzung bislang einen konkreten Nachteil erlitten hätten, hätten sie substantiiert darlegen müssen, dass auf Grund der Zahl der von ihnen betreuten Level-1-Geburten und deren Entwicklung absehbar ist, dass sie von der angegriffenen Regelung nachteilig betroffen sein werden. Das ist der Begründung der Verfassungsbeschwerde nicht zu entnehmen. Alle beschwerdeführenden Kliniken in kirchlicher Trägerschaft weisen sogar Fallzahlen von im Schnitt über 20 Level-1-Geburten jährlich aus, so dass jedenfalls für diese Beschwerdeführer in Ermangelung näherer Darlegungen nicht nachvollziehbar ist, ob und welcher Beschwerdeführer ein Absinken der Level-1-Geburten auf unter 14 pro Jahr konkret zu befürchten hätte. Zudem fehlt es an einer Auseinandersetzung mit dem Gesichtspunkt, dass die für die Krankenhausplanung zuständigen Landesbehörden Leistungen bestimmen können, bei denen die Anwendung der Mindestmengenregelung die Sicherstellung der Versorgung gefährden könnte, und dass sie auf dieser Grundlage das Erbringungsverbot und den Wegfall des Vergütungsanspruchs für nicht anwendbar erklären können. Schließlich geht die Verfassungsbeschwerde nicht darauf ein, dass zwischenzeitlich ausdrücklich vorgesehen ist, dass der Gemeinsame Bundesausschuss bei den Mindestmengenfestlegungen Ausnahmetatbestände und Übergangsregelungen vorsehen soll, um unbillige Härten insbesondere bei nachgewiesener, hoher Qualität unterhalb der festgelegten Mindestmenge zu vermeiden. Eine Auseinandersetzung mit dieser Neuregelung wäre notwendig gewesen; dies gilt umso mehr, als die bisherige, nunmehr aber in nicht unerheblichem Maße zu Gunsten der Krankenhäuser geänderte Rechtslage offenbar nicht zu konkret nachteiligen Folgen für die Beschwerdeführer geführt hat. Nach allem ist eine Auseinandersetzung mit den inhaltlichen Argumenten der Beschwerdeführer, vor allem mit den durchaus gewichtigen Zweifeln an der demokratischen Legitimation des Gemeinsamen Bundesausschusses als Institution nicht veranlasst.

2. Eine Verletzung im grundrechtsgleichen Recht auf den gesetzlichen Richter (Art. 101 Abs. 1 Satz 2 GG) durch die angegriffenen Entscheidungen ist ebenfalls nicht hinreichend substantiiert dargetan. Die Beschwerdeführer machen nicht deutlich, warum in der Feststellung von Tatsachen durch das Bundessozialgericht ein Verstoß gegen dieses Recht liegen soll. Sie setzen sich weder näher mit dem Begriff der generellen Tatsache, die das Revisionsgericht zur Wahrung der Einheitlichkeit der Rechtsprechung anerkanntermaßen selbst feststellen kann, noch damit auseinander, warum im konkreten Fall die Willkürgrenze überschritten sein könnte. Zudem ist weder die Rüge, ein Verstoß gegen das Recht auf den gesetzlichen Richter ergebe sich aus der fehlenden Vorlage an den Großen Senat des Bundessozialgerichts, noch der Vorwurf, das Landessozialgericht habe gegen das Recht auf den gesetzlichen Richter verstoßen, hinreichend substantiiert dargetan." (Bundesverfassungsgericht)

(Zuletzt geändert: Mittwoch, 07.12.16 - 10:17 Uhr   -   2733 mal angesehen)

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